this post was submitted on 25 Jun 2025
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Es gibt unter Linken (und ich meine hier Kommunisten, Antiimperialisten oder (wie Varoufakis) marxistisch geprägte demokratischen Sozialisten, nicht Linksliberale wie z.B. der überwiegende Teil der Linkspartei, besonders deren Parteiführung) zwei Sichtweisen auf den Russland-Ukraine-Krieg:
Das ist ein zwischenimperialistischer Konflikt. Westliche und russische Kapitalisten bekriegen sich, auf dem Rücken der Arbeiterklasse die kämpft und stirbt, für Märkte, Rohstoffe und strategische Positionierung. Die Aufgabe von Linken Orgas ist es (nach Lenin/Luxemburg) sich mit der Arbeiterklasse des angeblichen Feindes zu solidarisieren, und die Fähigkeit der Imperialisten, Krieg zu führen, zu untergraben, um das sterben und töten von Arbeitern zu stoppen. Im besten Fall führt das zu günstigen Bedingungen für die Revolution (wie Oktoberrevolution in Russland, oder die gescheiterten Aufstände in Deutschland nach dem 1. Weltkrieg). Dazu sollte man in erster Linie die Fähigkeit des eigenen Staates bekämpfen, Krieg führen zu können, und nicht wie die SPD damals den Staat gegen den externen Feind unterstützen. Nennt sich revolutionärer Defätismus.
Der Ukraine-Krieg ist ein Versuch des westlich-imperialistischen Blocks, Russland zu unterwerfen und (wieder) zu einer westlich dominierten Semikolonie zu machen, wie dies in den 90ern de-facto der Fall war. Russland sollte gegen diese imperialistische Aggression kritisch (d.h. nicht allgemein, sondern in diesem speziellen Zusammenhang) unterstützt werden, wie man auch verschiedene nationalistische Befreiungsbewegungen in vielen (semi-)kolonisierten Regionen unterstützt hat und immer noch tut (wie z.B. jetzt gerade in Palästina). Die Logik dahinter ist, dass die Befreiung von der kapitalistischen Klassenherrschaft untrennbar mit dem Kampf gegen koloniale Herrschaft verbunden ist, und dass Kampf gegen das eine Freiräume für Kampf gegen das andere schafft.
Da gibt es einiges an Streit zwischen den Lagern, manche Organisationen haben sich darüber gespalten (z.B. in Deutschland die KO (die Abspaltung hat die KP gegründet)). Unter deutschen Linken (und im Westen allgemein) ist die erste Sichtweise glaube ich prominenter, im Globalen Süden eher die zweite.
Beide Einschätzungen haben lange Tradition im linken Spektrum. Die Tatsache, dass du das für russische Propaganda hältst, ist meiner Vermutung nach deswegen, weil liberale Medien abweichende Meinungen zum Ukraine-Krieg grundsätzlich und präventiv als russische Propaganda verunglimpfen. Die Bevölkerung wird gewarnt, auf der Hut zu sein vor den russischen Propagandisten und ihren Narrativen, damit, wenn die Kriegslogik von irgendwem hinterfragt wird, reflexartig der Gedanke kommt, es handle sich um Feindpropaganda, die man nicht konsumieren oder ernst nehmen sollte.
Wie soll diese Strategie denn zu einem sinnvollen Ergebnis führen in der aktuellen Situation? Russland greift uns an und wir sorgen dann in demokratischen Prozessen dafür, dass es keine Verteidigungsmöglichkeit gibt. Russland hingegen hat keine demokratischen Prozesse; solange also Putin noch irgendjemanden motivieren kann, diesen Krieg zu bestreiten, wird dieser Krieg weitergehen.
Ich finde die aktuelle Strategie dieser Bundesregierung "mehr Gas kaufen und mehr Waffen kaufen" auch widersinnig. Ich wünschte mir, wir täten alles, um Gas und Öl abzulösen, damit Preise für die russischen Hauptexportgüter sinken; und ich wünschte mir, wir würden einfach bei den ominösen 2% bleiben, aber vielleicht nicht alles davon an McKinsey weiterleiten. Und ich wünschte mir, wir würden der Ukraine endlich den Weg frei machen, russische Exportindustrie, also wiederum Gas und Öl, einmal vollständig wegzubomben. Das verursacht natürlich auch Leid, weil jeglicher Gütertransport davon betroffen ist, aber das scheint der einfachste Weg, diesen Krieg mal zu beenden.
Das find ich ein bisschen bösartig. Wir wissen ja durchaus, dass die russische Regierung strategisch ausländische Parteien unterstützt, von denen sie sich eine Lähmung des jeweiligen ausländischen politischen Systems erhofft, diese Art der Propagandafähigkeit ist einer der großen Trümpfe Russlands. Prominenterweise sind das in Dland die Afd und das Bsw.
Genau das ist das Problem. Und aus historischen Erfahrungen mit Diktaturen als Konfliktparteien sollten wir eigentlich wissen, dass ideologisch gefestigte Diktaturen, die ausreichend Zeit hatten, ihre Bevölkerung durch Gehirnwäsche und Repression gefügig zu machen, nur durch eine massive Übermacht militärisch besiegt werden können, weil die im Zweifel weiterkämpen, bis zum bitteren Ende. Gerade in Deutschland sollte man das eigentlich wissen, denn hier gab es das schonmal.